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Hallo Chiara – unser Geburtsbericht

Als ich das erste Mal schwanger wurde, habe ich mir öfter Geburtsberichte von anderen Frauen durchgelesen. Ich fand und finde es immer noch unglaublich spannend zu erfahren, was Frauen bei ihren Geburten erleben. Wie das Wunder ihres Kindes das Licht der Welt erblickt hat und was für eine Stärke dabei sichtbar wird. Egal ob natürliche Geburt oder Kaiserschnitt, Durch kein Ereignis zeigt sich unser tiefstes Wesen und unsere ureigenste Berufung so sehr. Und ich finde diese Erfahrungen gehören geteilt, damit nicht nur Mütter, sondern auch alle anderen Frauen von dieser Stärke, die in ihrem Geschlecht liegt teilhaben können.

Die Schwangerschaft von Chiara war eine sehr aufregende Zeit. Zum Einen hatten wir nach zwei vorangegangenen Fehlgeburten sehr viel für sie gebetet und unsere Freude war umso größer, als ich schwanger wurde und die Schwangerschaft über Wochen (und Monate) gut verlief. Zum Anderen waren wir viel unterwegs, oft krank und die Welt wurde durch eine Pandemie auf Trapp gehalten. Als der Coronavirus in Italien ausbrach, war für uns sofort klar, dass das italienische Gesundheitssystem die Ausmaße dieser Pandemie nicht tragen würde und wir flüchteten zu meinen Eltern nach Bayern.

Dass im menschlichen Körper alles zusammen hängt, zeigt sich besonders während einer Schwangerschaft. Durch die Aufregung, Sorgen, Anspannung und offene Fragen, wie es mit dem Job von meinem Mann und der Geburt wohl weiter gehen würde, hatte ich schon 8-6 Wochen vor der Geburt immer wieder starke Wehen und musste mich sehr schonen. Ich sehnte mich nach Ruhe im Innen und Außen, war super angespannt, sensibel, leicht reizbar und gereizt und brauchte unglaublich viel Rückzug. Auch wenn ich damit rechnete, dass das Baby vor seinem Termin am 18.4. kommen würde, kehrte in den zwei Wochen vor der Geburt komplette Ruhe ein. Der Entbindungstermin kam und es tat sich immer noch nichts.

Chiaras Entbindungstermin wäre am Freitag gewesen und am Dienstag morgen merkte ich, wie ziemlich viel Schleim abging. Kurz darauf spürte ich auch schon, wie es wieder mit Drücken, Ziehen und den ersten Wehen losging. Zufällig hatte ich am gleichen Tag einen Frauenarzt Termin, wo Daniel mich begleitete. Er musste wegen Corona allerdings vor der Tür warten. Die Frauenärztin meinte, Geburtswehen wären es noch nicht, sonst könnte ich nicht mehr so entspannt bei ihr sitzen und mich mit ihr unterhalten. Schon spannend, wie alles doch so aufregend ist, obwohl ich ja schon eine Geburt hinter mir habe, doch wenn es dann ernst wird, ist alles wieder ganz neu.

Wir holten uns beim Chinesen ein gutes Essen und genossen die letzten Stunden zu zweit in einem dank Corona menschenleeren Park. Das war eine unglaublich schöne quality – time mit meinem Mann, in der wir uns austauschen konnten und unsere Herzen verbinden konnten, bevor es in der Nacht tatsächlich losgehen sollte.

Die letzten gemeinsamen Stunden bevor wir Eltern von zwei Töchter wurden


Die Wehen gingen weiter so leicht dahin, waren aber gut erträglich. Abends bin ich in die Badewanne gestiegen, da ich sehen wollte, ob sie mehr werden und um etwas zu entspannen. Danach ist es wieder sehr ruhig geworden und ich hab mich hingelegt.
Dani musste seine Arbeitsstunden vom Tag noch nachholen. Um 12 Uhr nachts bin ich zu ihm, weil ich schon gemerkt habe, dass es jetzt erst wurde und hab ihm gesagt: “Lass alles stehen und liegen: Jetzt brauch ich dich!”. Wir wollten eigentlich noch bisl schlafen, aber es ging nicht. Als wir auf die Uhr geschaut haben, kamen die Wehen im 10 min Abstand. Als der Abstand rasch weniger wurde, sind wir losgefahren und kamen um 2 Uhr nachts im Klinikum an. Niemand war da, außer wir.


Ich wurde nicht sehr freundlich von einer Hebamme empfangen und am CTG angeschlossen. Als sie erkannte, dass die Wehen immer stärker wurden, wurde auch sie immer freundlicher 😉 Bei der Untersuchung schätzte der Frauenarzt das Gewicht von Chiara auf 3400 Gramm. (Pustekuchen!)

Schon bald wurden die Wehen immer kräftiger und die Hebamme sagte mir, wir sollten am Gang auf und ab spazieren. Vor Grazias Geburt gab mir meine Tante den Tipp die Wehen mit einem Gebet zu vertagen. Damals hat mir das unglaublich geholfen. Dieses Mal versuchten wir das auch und so atmete ich ein mit den Worten “Jesus ich vertraue auf dich” und atmete aus, ganz langsam sprechend: “sorge du für Chiara und mich.” Nach ein paar Mal, nachdem ich meinen Rhythmus mit dem Gebet gefunden hatte, konnte auch Daniel mit einstimmen und so gingen wir betend den Gang auf und ab. Immer wieder klammerte ich mich an meinen Mann während einer Wehe. Wenn ich die Worte nicht mehr sprechen konnte, sprach er sie für mich, was mir half richtig zu atmen und mich nicht auf den Schmerz zu konzentrieren. (Danke Schatzi!)


Dann ging es in den Kreißsaal und richtig los. Irgendwann dachte ich, dass ich jetzt nicht mehr kann. Ich war mit meinen Kräften am Ende. Doch das war das Anzeichen, dass es bald überstanden ist (so erinnerte ich mich gelesen zu haben ;).
Auch wenn der Muttermund noch nicht voll auf war, ging dann alles recht schnell. Auf einmal meinte die Hebamme, ich solle jetzt pressen. Es kamen eine Presswehe nach der Anderen mit guten Pause dazwischen. Am Anfang hab ich mir bisl schwer getan, wie das genau funktionieren soll, aber auch da hat Daniel dann den Part des statt Fitness, den Geburtstrainer übernommen.
Und dann kam ihr Köpfchen. Noch eine oder zwei Wehen und sie war geboren 😍
Was für ein Moment. Es berühren sich Himmel und Erde.

Willkommen Chiara! (weitere Geburtsbilder gibt es an dieser Stelle leider keine)

So perfekt. So verwundbar. So real. So echt. So geliebt und gewollt von Anfang an.


Die Hebamme hat sie bisl sauber gemacht und ich hab sie mir auf die Brust gelegt. Das war so ein schöner Moment. Chiara war hellwach und hatte einen Ausdruck im Gesicht der sagen wollte: „hier bin ich – ich freu mich auf das Leben“. Sie war ganz ruhig auf mir. Sie wollte auch nicht sofort an die Brust, sondern hat es total genossen angekommen zu sein. 
Ich musste mit ein paar Näten genäht werden und derweil wurde Chiara gewogen etc. 4010 Gramm – Wahnsinn. Ich staunte ganz schön, als ich erfuhr, dass sie so groß war. Ihre Schenkel waren gut propper.

Wir waren mit einer rießigen Freude und Dankbarkeit überfüllt, wie Gott die Geburt und das alles drum herum geleitet hat. Soooo übermäßig perfekt und wunderschön. Besser hätten wir das gar nicht planen können. Dass wir in Deutschland sind, Dani von hier arbeiten kann und wir ein ruhiges Krankenhaus haben. Gott hatte alles so von langer Hand geplant. Es hört sich komisch an, aber sogar, dass Chiara in der Coronazeit auf die Welt kam war für uns das Beste. Weil ich bei der ersten Geburt alles als furchtbar hektisch empfand, war mein größtes Gebetsanliegen, dass wir es um die Geburt herum ruhig haben würden. Und siehe da – bei der Geburt, davor und auch danach auf Station war alles wunderbar ruhig, da wir keine Besuche bekommen durften. So haben Chiara und ich viel Zeit zu zweit im Krankenhaus genossen, ohne gestört zu werden.

Unglaublich, was zu was der weibliche Körper fähig ist. Was für ein Ruf auf uns liegt und wozu wir geboren wurden. Wir schaffen einfach mit Gottes Hilfe viel mehr, als wir uns vorstellen können.

“Afterwork” Party – auf das neue Leben, das begonnen hat!

Meine Tipps für vor, nach und während der Geburt:

  • Mut “ja” zum Schmerz zu sagen. Ja dazu, dass du nicht weisst, was mit dir passiert und dass es weh tut. Ich habe gemerkt, sobald ich loslasse, mich nicht verkrampfe und Gott ganz vertraue – ihm alle Zügel in die Hand gebe – dass es dann am Erträglichsten geht. Was auch für das wahre Leben zutrifft, zeigt sich bei der Geburt besonders. Loslassen und Schmerz annehmen ist der erste Schritt zur gewünschten Veränderung.
  • Hör auf deine Intuition. Leider liess ich mich bei dieser Geburt etwas zu sehr leiten von dem was ich gelesen hatte und dem, was die Hebamme sagte. You were born for this!
  • Wehen durch Gebet veratmen. Beide Male war die Geburt auch ein krass spirituelles Erlebnis für mich. Ich hab Gott, seine Stärke, seine Nähe und seinen Beistand selten so erlebt, wie bei meinen Geburten. Vor allem wegen dem Gebet. Bei Grazia habe ich bei “Jesus” eingeatmet und bei “ich vertrau auf dich” ausgeatmet. So treibt einen der Schmerz nicht so weg. Beides sehr langsam gesprochen. Aber hier findest du deinen eigenen Rhythmus.
  • gute Musik. Entspannung ist extrem wichtig und mit Ohrstöpsel und guter Musik in den Ohren lässt sich so manche Ablenkung ausblenden.
  • Essen. Viel Essen. Da wir mehr als 24 Stunden wach waren und auch nach der Geburt nicht sofort etwas zu Essen bekommen haben, haben wir eine kleine Sause veranstaltet mit dem Essen, das wir dabei hatten.
  • Mein eigenes Kissen. Sowohl im Kreissaal als auch auf Station war ich super froh über mein eigenes, kleines Kissen, das ich dabei hatte und etwas mit Lavendel eingesprüht hatte.
  • Clearings, Beichte, Gottvertrauen. Es ist gut als Frau “ready” und klar zu sein in allen Lebensbereichen. Schau vorher, dass du Themen, die dir am Zahn nagen klärst, so kannst du frei und unvoreingenommen dich auf das Geburtserlebnis einlassen.
  • parfümfreies Duschgel und Deos. Babys sehen dich ja am Anfang nicht, können dich nur an deiner Stimme, deinen Berührungen und deinem Geruch erkennen. Das Parfum in Duschgel und Deos verändert allerdings deinen eigenen Geruch.
  • MultiMum, Tannolact und Lanolin-Salbe. Ich war super froh, all das schon vor der Geburt besorgt gehabt zu haben. (falls du zu Herpis neigst, hol dir auch hierfür was)
  • gesunde Ernährung. Im Buch von Ingrid Stadelmann habe ich gelesen, dass geschredderte Leinsamen und Weizenkleie gut sind, damit das Kind gut versorgt wird und man bis zum Ende der Schwangerschaft durch hält. Beides habe ich jeden Morgen in mein Müsli gegeben und ich finde wirklich, dass ich dadurch mehr Kraft bis zum Ende hatte.
  • Öle. Allgemein kann ich ihre Produkte wie das Dammmassageöl, das Schwangerschaftsstreifenöl, das Wochenbettbauchmassageöl (sooo wohltuend auf dem “leeren” Bauch) und später vor allem das Babyöl und das Fenchel-Kümmelöl nur wärmstens empfehlen.
  • Beckenbodentraining. Tatsächlich habe ich die Wichtigkeit des Beckenbodens erst nach der ersten Geburt erkannt, als ich fast nicht gehen konnte, weil er so geschwächt war. Dank meiner italienischen Physiotherapeutin fühlte ich mich dieses Mal um einiges fitter nach der Geburt. Ihn zu trainieren macht einen rießen Unterschied.
  • Das Wochenbett voll auskosten. Bereits vor Grazias Geburt gab mir ein gestandener, italienischer fünffach-Papa den Tipp mich nach der Geburt gut zu regenerieren. Er meinte eine Frau, die sich nicht die Zeit zur Heilung nimmt, kämpft dann später über eine viel längere Zeit um ihre Heilung. Tatsächlich habe ich total unterschätzt wie lange der Heilungsprozess wirklich in Anspruch nimmt nach einer Geburt, egal ob mit oder ohne Geburtsverletzungen oder nach einem Kaiserschnitt. Auch wenn man gleich weiter machen könnte und wollte, ist die Ruhe danach ein großes Geschenk, das man sich selbst macht.

Wenn du schon eine erfahrene Mama bist, schreib gern in die Kommentare hinein, was dir bei der Geburt geholfen hat und was du einer (jungen) Mama vor der Geburt noch mitgeben würdest.

Bis bald,

deine

P.S.: Wie es verschiedene Menschen gibt, so gibt es auch verschiedene Geburtserfahrungen. Hier gebe ich nur meine persönliche Erfahrung weiter, ohne triggern oder beurteilen zu wollen, was für Erfahrungen andere gemacht haben oder für sie richtig empfinden.

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